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DIE SPECHTART BÜHNE MACHT MUT
NEUE GEDANKEN ZU VERSUCHEN
NEUE KLÄNGE ZU WAGEN
DIE ÜBEREINKUNFT
ZU VERLASSEN




























wolfgang schulz




Das dujiangyan
das bewässerungssystem des minflusses
ist über 2000 jahre alt
und bewässert noch heute
über 2000 000 hektar in der provinz sichuan
und die chinesische medizin
ist älter als 2000 jahre
und lindert und heilt noch heute
millionen krankheiten in ihrem ursprungsland

seit wir zu zählen gelernt haben
beeindrucken uns die grossen zahlen
mit ihren kleinen aussagen und inhalten

wenn ich sehr alt werde
lebe ich vielleicht noch 400 000 stunden
eine stunde mit dir zusammmen
machte mich jetzt schmerzlich glücklich


























zeichnung
gsp







eine hommage
auf ronald searle
ich liebte ihn als zeichner und erzähler

sein humor war tief tief schwarz
und political inkorrekt
dass es dem freien menschen
eine wonne war





























horst a.bruno / brunopolik



sind die kommunen in
nun auch sind blut nun
auch handlungsunfähigkeit
wegen ihrer die
falter kommunen
ein gelber schmerz in
der vom grase fort und auf
prekären fleisch flog
gesetzlichen schrei
vom schweren pflicht karren pflicht
technologie fleck




































ralf burnicki




herbstgrafik1

dem sommer gehen
die etiketten aus

ein papierdrache
verschwindet schnaufend
im wald

am ende eines
regenbogens

fällt die welt
aus allen wolken

entfernungen.
lehmzeit



































lisa spalt
wien / linz





aus 'saschaident'

schrammen setzts
nachdem ich im buick gern zelte
singe und mich ganz hohes duldet
schwirr lieber ab

wind furcht die paar kühler
verpachten macht zimmerwechsel

tretens hier raus
packard

oh das gebüsch bringt wie du wohl siehst
grossen schick
nicht übel
da haus nun ich im fasse
schreit ken
paarzwein gehn burschen
und ken kürzt die lichter


































hellmuth opitz



winterwartungsarbeiten

zum tee wurden
feinste schneebemerkungen gereicht:
grosser gleichmacher
bleichmacher
weichmacher
aus allen ecken wehten namen hinzu
die um landschaftsgestaltung kreisten
demokratie und andere betäubungsmittel
während draussen menschen umhertrieben
in wattierten mänteln wie luftkissenboote
mit motorschaden. die autos hatten
längst auf kiemenatmung umgestellt
dicht am gewundenen flusslauf der strasse
die kühlergrills voller eiszapfen
lauerten sie: welse in stillen buchten






























franziska röchter



phantasmorgia

in meinem gartenhaus florieren
sommerblumen / sie wachsen stetig
und behänd mit vorbehalt / sie werden
weder leicht gedüngt noch scharf
geschnitten / ich kümmer mich
nicht drum / sie werden alt


in meinem erdenmantel sprudelt
rotes magma / die kruste splittert
vor sich hin und wird schon
dünn / solange niemand warme
kraterwände einstürzt / bleibt all die
fliessend heisse lava schön darin


in meiner urzeitflora wachsen
pralle blüten / sie sind gesprenkelt
scheckig / punkten lila rot / wenn
bienen schmetterlinge schillervögel
schwirren / ergiesst sich leben
und ich bin noch lang nicht tot

























es war die vereinbarte nacht







in der sie sich alle zurückmeldeten
für eine kristallklare zeit







































marcus neuert




nördliches Fenster

der sichtbare Aus
schnitt der Welt:

ein Stück milch
blauer Nachmittag

als Kulisse für
trockene Blätter, die

auch in der Flaute
streng von West

nach Ost gebürstet
stehn. Die Geliebte

schläft. Romane
gehen zu Ende.
 

































ilse kilic
wien

wo wohnt gott?

gott wohnt in dir
so sagt mir damals
als ich noch kind war
kaplan max
doch
so sprach kaplan max
gott wohnt nicht nur in dir
gott wohnt in mir
in oskar
in lisl
in monika
in karl
in fritz
in ingrids nachbarin and so on
da hob sich trotzig ottos kopf
das ist doch gar nicht wahr
gott wohnt doch im palast
im dom
im hochaltar
dort wo all das gold ist
da sank kaplan maxs blick ins nichts































tamah kamlem
washington dc




Im Garten

Ich sitze.
Es ist eine Haltung.

Ich schweige.
Es ist eine Art.

Ich erblinde mutwillig.
Es ist Entrückung.

Ich denke.
Es ist Freiheit.

Ich denke an dich.
Es ist Liebe.  




























rolf birkholz



familienfoto 1913

die mutter zwischen ihren söhnen
gut getroffen, vater fehlt
ihn traf der wanderfotograf
nicht an fürs foto seines lebens

am kleinstadtrand, wohl gegen mittag
in reih und glied am gartenzaun
in handwerkskluft sechs brüder, zwei
trifft schon bald der tod in flandern































matthias bronisch


'geh übers wasser'


geh übers wasser
versetz den berg
oder
mach auf der schwelle schon kehrt

was aber wird aus der taube
aus dem holterdiepolter
des einsamen klabautermanns
auf brüchigen planken

gedanken
an landgang
an wege
auch noch im dunkel zu finden
sind träume

wir gehn übers wasser
versetzen den berg
sieh nur
die taube aus weissem batist


























alte geschichten















































peter bornhöft


aus 'briefe aus adrasan'

Wir leben hier nicht
wir kommen hierher
und leben hier für ein paar Tage Wochen
in einem schöneren Getto
um einmal so zu leben wie wir nie im Leben
ohne Not und Tod nicht mal im Wörterbuch
die Nächte duften
in verschiedenen Namen
der süße Vanillegeruch
ein leuchtender Fels wie auf Tristan da Cunha
und keiner merkt es
dass so viele fehlen -
ich höre dich sagen das wäre mein Tod
und das ist doch kein Leben aber glaub mir
das ist auch nicht die Wahrheit
































thomas beblo
ein text aus seinem neuen
lyrikband
'orte, die du nicht kennst'







Wolken

malst du auf meinen Körper,
die sich teilen, sich
verbinden,
dich und mich.

Diesen Augenblick
möchte ich halten -
lasse die Wolken
ziehen.
















'orte, die du nicht kennst'
oschersleben
dr. ziethen verlag
ISBN: 978-3-86289-036-1

























fritz widhalm
wien


heute ist samstag
ein regnerischer samstag
das mag ich
das mögen wir
ilse und ich gehen spazieren
wenig später schlägt der blitz ein
warum nicht
augen auf augen zu
die steinhofgründe
die krähen
die kirche
was für ein herbst
























al dente






perfekt
wie immer wenn mama kocht



































klaus stadtmüller


'entschlabberung'

„Entschlabber mich am qualen Zint und atemnötige mein fletsches Blautz, auf dass die Glanzen übersiegen an Fahrtengrün, ganz mäusewarm und unvergeblich wie in der flunken Aufgereihtschaft, die wir alle so bereifen am Viererstich.“ Wollügen denn die stankig broten Bastelfinken, wenn nicht im schwillen Dusterbein? Aranderlein kann Blander sein oder auch nicht. Aber Prieling blienert spödig Bärkotal, von Heizenwodel ganz zu scheunern. Das Frizzen und das Krüssen sind ohrenfies allein im Winterborg, wo Trellchen mühlich brödeln. Kein Estelfein erbleit den Volch, es sei denn ampergüt. So glückst du, Konforeih, vorantell am Inkobus, bestüt, sofern die hierken Follibahn den Blusenpanz einbraten. Dann dückert Rodilein, verballt das Fehrt sowie die Heikerchen, die gerne abwint ludern, und gällert unentbogen: „Entschlabber mich, du Blageweis, in allen Püstekammern für Blucks und Wiedeblucks!“

























aus der zeit als es noch briefe gab





da geschah es wohl
das zuweilen die sonne kam
ins haus per kuvert


































günter specht

und die stadt war voll von tausenden menschen
und abermals und abermals und abermals
tausend feilschenden stimmen
und da war kein platz für ein weiteres wort

tratest du aber nur einen einzigen schritt
heraus aus dem stimmenstrom
dann standest du in einer beängstigenden einsamkeit
in einem lautlosen land
jedes türschliessen hallte da wie donnerhall

und wie in einem monumentalen stummfilm
erlebten wir den mystischen zauber
der serenissima
betraten den eingang zu 'tausend und einer nacht'